Berta Haverkamp – Biographie

Berta Gesine Hermine Haverkamp wird am 17. April 1908 als erstes Kind von Johann Hinrich Osterloh und Bertha Mathilde Osterloh in Altmoorhausen geboren. Sie ist die ältere Schwester von Heinrich Osterloh, Martha Wolf, Hermann Osterloh und Minna Johanne Helene Osterloh.

Zwei Wochen vor Bertas Geburt bestreitet die Fußball-Nationalmannschaft des Deutschen Reiches in Basel ihr erstes Länderspiel. Gegner ist die Schweiz, deren Auswahl immerhin schon zu ihrem dritten Länderspiel aufläuft. Gewonnen haben die Eidgenossen bisher keins, doch das ändert sich am Nachmittag dieses 5. April 1908: Vor rund 4.000 Zuschauern im Landhof-Stadion endet das Spiel 5 zu 3 für die Gastgeber.

Für die Gäste ist es gewissermaßen eine Niederlage mit Ansage, denn die äußeren Umstände sind mehr als chaotisch. Erst im Februar 1908 hat der 1900 gegründete Deutsche Fußballbund (DFB) entschieden, künftig auch Länderspiele auszutragen. Einen Trainer für die neuformierte Mannschaft gibt es nicht, die Spielerauswahl nimmt DFB-Vorstandsmitglied Hugo Egon Kubaseck zusammen mit den Regionalverbänden vor – und zwar streng nach Proporz: Vier Spieler kommen vom Verband Süddeutscher Fußball-Vereine, drei vom Westdeutschen Spiel-Verband, zwei aus Mitteldeutschland und jeweils einer aus Norddeutschland und Berlin.

Die in der Heimat für elf verschiedene Vereine auflaufenden Spieler haben sich teilweise noch nie gesehen und kein einziges Mal zusammen trainiert. Letzteres geschieht auch nach der individuell organisierten Anreise nicht: Deutlich größeren Wert als auf die sportliche Vorbereitung legen Kubaseck und seine DFB-Vorstandskollegen darauf, dass ihre Schützlinge außerhalb des Spielfelds einen tadellosen Eindruck hinterlassen.

Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen verläuft die Premiere zunächst recht vielversprechend. Schon in der 6. Minute gelingt Deutschland durch ein Tor des sprintstarken Frankfurter Stürmers Fritz Becker die Führung. Kurz nach dem Ausgleich der Schweizer in der 21. Minute geht jedoch ein Hagelschauer über dem Platz nieder, gefolgt von Dauerregen. Auf dem aufgeweichten Boden gerät die deutsche Abwehr ein ums andere Mal ins Schlingern, insbesondere der fast 1,90 Meter große Linksverteidiger Ernst Jordan. Sein Eigentor in der 28. Minute leitet dann die unter dem Strich verdiente Niederlage ein.

Es soll nicht die letzte Schlappe bleiben in den Anfangstagen der deutschen Nationalmannschaft. Im nächsten, am 20. April 1908 in Berlin ausgetragenen Länderspiel gegen England geht die DFB-Auswahl mit 1 zu 5 vom Platz, sieben Wochen später in Wien gegen Österreich mit 2 zu 3. Im März 1909 setzt es in London gegen England sogar eine 0-zu-9-Niederlage, ehe im weiteren Jahresverlauf mit einem 3 zu 3 gegen Ungarn ein Unentschieden und einem 1 zu 0 gegen die Schweiz der ersehnte erste Sieg herausspringt.

Ob in Altmoorhausen damals irgendjemand den Aufwärtstrend der deutschen Nationalkicker verfolgt? Denkbar ist das schon, sonderlich wahrscheinlich aber nicht. In der öffentlichen Wahrnehmung nämlich spielt Fußball hierzulande Anfang des 20. Jahrhunderts kaum eine Rolle. Eine weitere Frage, die sich heute mangels Zeitzeugen nicht mehr eindeutig beantworten lässt: Wo im Dorf steht Bertas Wiege? Vater Johann Hinrich Osterloh stammt aus Munderloh, er ist Grunderbe des späteren Hofes von Werner Biebert am Ziegeleiweg (heute: Nicole Biebert). Den kann der damals gerade einmal 15-Jährige aber nach dem frühen Tod seiner Eltern nicht sofort übernehmen, so dass der Betrieb mutmaßlich eine Zeitlang von Verwandten oder einem familienfremden Pächter geführt wird und er selbst – auch das eine Vermutung – irgendwo im benachbarten Altmoorhausen in Stellung geht.

Bertas Mutter Bertha Mathilde wiederum ist in Hurrel geboren. Ihr Bruder Johann Diedrich Gode ist zwar 1907 in Altmoorhausen verstorben, aber über seinen damaligen Aufenthaltsort im Dorf ist ebenfalls nichts weiter bekannt. Die gemeinsame Schwester Martha Louise Hermine heiratet 1912 in den Hof von Johann Hinrich Spinning ein, doch auch das bringt die Spurensuche nicht entscheidend voran. Allem Anschein nach arbeiten Bertas Eltern aber mehrere Jahre lang in Altmoorhausen, denn auch Bertas Bruder Heinrich kommt dort im März 1910 noch zur Welt.

Spätestens bei der Geburt des übernächsten Kindes Hermann im Dezember 1914 lebt die Familie bereits in Munderloh. Zu diesem Zeitpunkt tobt in Europa schon seit mehr als vier Monaten der Erste Weltkrieg. Ob Bertas Vater daran teilnimmt, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei klären. Falls ja, so kehrt er spätestens 1918 wohlbehalten nach Munderloh zurück. Bertas Mutter hingegen überlebt dieses angesichts von Kaisersturz und Ausrufung der Weimarer Republik so turbulent zu Ende gehende Jahr nicht: Sie stirbt im Juni 1918, sechs Wochen nach der Geburt von Bertas jüngster Schwester Minna Johanne Helene. Letzterer ist ebenfalls nur ein kurzes Leben beschieden, es endet im Oktober 1918.

Vier Kinder im Alter von zehn, acht, sechs und knapp vier Jahren sowie ein Vater, der möglicherweise noch fern der Heimat an der Front steht und von dieser Situation mit Sicherheit hoffnungslos überfordert ist – fürwahr kein leichtes Los. Letztlich weiß Johann Hinrich Osterloh sich nicht anders zu helfen als damit, seine älteste Tochter zur Pflege in eine andere Familie zu geben. So kommt Berta zurück nach Altmoorhausen, auf den Hof von Johann Hinrich Schmerdtmann (heute: Hartmut und Renate Schmerdtmann). Dort besucht sie fortan die nach Kriegsende unter der Leitung von Friedrich Hartmann stehende Dorfschule, wo in der Oberklasse unter anderem Minna Gode, Alma Grummer, Hermine Grummer und Else Rüscher zu ihren in etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen gehören.

Nach Schulabschluss und Konfirmation geht Berta auf dem Hof von Johann und Alwine Wichmann in Moordorf (heute: Ralf Wichmann) in Stellung. Dort lernt sie ihren künftigen Ehemann August Haverkamp aus Metjendorf kennen. Berta und August heiraten am 22. Dezember 1931 in Kirchhatten. Danach beziehen sie eine kleine Dachgeschoss-Wohnung in der von Heinrich Brand gepachteten Dorf-Gaststätte „Zum Wunderhorn“ (heute: Crown Event Location). Zehn Wochen später wird Tochter Hildegard geboren.

Während August in den folgenden, von der Weltwirtschaftskrise und der Machtübernahme der Nationalsozialisten geprägten Jahren als Verkaufsfahrer beim Altmoorhauser Bäcker und Kolonialwaren-Händler Otto Breas arbeitet, hilft Berta je nach Bedarf auf den umliegenden Höfen aus. Daneben bringt sie mit Heino (April 1934) und Herbert (Juni 1935) zwei weitere Kinder zur Welt. Als im Februar 1938 mit August Helmut ein weiterer Sohn hinzukommt, platzt die kleine Dachgeschoss-Wohnung endgültig aus allen Nähten, ein Ersatz muss her. Berta und August mieten daraufhin auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein kleines Heuerhaus, das zum Hof von Georg und Meta Mitwollen gehört.

Vier Monate, bevor im Januar 1940 der jüngste Sohn Werner die Familie komplett macht, löst der deutsche Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg aus. Bereits im September 1939 hat August Haverkamp einen Stellungsbefehl zur Wehrmacht erhalten, Berta und die Kinder bekommen ihn fortan nur noch während gelegentlicher Urlaube zu Gesicht. Die Furcht, ihn nach jedem neuerlichen Abschied gar nicht mehr wiederzusehen, wächst vermutlich mit jedem Kriegsjahr und jeder weiteren Schreckensmeldung über einen an der Front gefallenen oder vermissten Nachbarn oder Bekannten.

Doch das Schicksal einer Kriegswitwe bleibt Berta erspart: Im Sommer 1946 steht August nach rund einjähriger Gefangenschaft wieder vor der Tür. Möglicherweise zunächst vor der falschen, denn Berta ist mit den Kindern kurz zuvor vom Mitwollen-Hof in ein rund 300 Meter entfernt gelegenes Haus am Pohlweg (heute: Ingo Fischer) gezogen.

Die ersten Nachkriegsjahre sind für Berta ähnlich hart wie für alle anderen, die jene „Verteufelten Zeiten“ (so später der vielsagende Titel eines populären Ohnsorg-Theater-Stücks) mitgemacht haben. Immerhin, August findet in der Ziegelei in Munderloh rasch eine neue Arbeitsstelle. Alle fünf Kinder stehen zudem früh mit beiden Beinen im Leben und – angefangen 1956 mit der ältesten Tochter Hildegard – innerhalb von sieben Jahren vor dem Traualtar.

Dem ersten, 1957 geborenen Enkelkind Wilfried folgen mit Helmut, Gerno, Jürgen, Anke, Marion, nochmal Helmut, Dieter, Fred, Sabine, Ursula, Manfred, Holger, Wolfgang und Frank insgesamt 14 weitere. Nur neun von ihnen kann Berta noch selbst in Armen halten: Sie stirbt, von akuten Herzproblemen geplagt, am 3. April 1964 und wird vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.