Catharine Grummer – Biographie

Meta Catharine Grummer – Rufname Catharine – wird am 23. März 1865 als zweites Kind von Tönjes Hinrich Wilkens und Gesche Margarete Wilkens auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Udo und Svetlana Wilkens) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Johann Heinrich Wilkens und hat mit Anna Tönjes, Gesine Schweers, Bernhard Wilkens, Hinrich Wilkens und Friedrich Wilkens fünf jüngere Halbgeschwister aus der dritten Ehe ihres Vaters. Ihr älterer Halbbruder Heinrich Wilkens aus Tönjes Hinrichs erster Ehe mit Metta Margareta Voigt ist bereits 1860 verstorben.

In den Wochen um Catharines Geburt geht der Amerikanische Bürgerkrieg in seine finale Phase. Nachdem die Unions-Armee unter General William Sherman am 21. März die Schlacht bei Bentonville in North Carolina gewonnen hat, scheitert vier Tage später mit dem vergeblichen Angriff auf Fort Stedman durch General Robert Lee der letzte Versuch der Konföderierten, die Belagerung von Petersburg in Virginia zu beenden. Auch in der Schlacht am Five Forks bleiben die von Philip Sheridan geführten Nordstaatler siegreich, so dass der Weg nach Richmond, der Hauptstadt der Südstaaten, offen steht. Am 5. April flieht Konföderierten-Präsident Jefferson Davis mit seinem Kabinett aus Richmond, vier Tage später kapituliert General Lee bei Appomattox Court House.

Inwieweit die geschilderten Ereignisse und das anschließende Attentat auf US-Präsident Abraham Lincoln am 14. April 1865 im mehr als 6.000 Kilometer entfernten Hurrel in den Gesprächen der Dorfbewohner eine Rolle spielen, darüber lässt sich nur spekulieren. Immerhin gehören die USA seit vielen Jahren zu den bevorzugten Zielen von Auswanderern aus dem Großherzogtum Oldenburg – eine Bewegung, die auch der 1861 ausgebrochene Bürgerkrieg nicht stoppen konnte. Als einer der bis dato letzten Hurreler hat sich im Frühjahr 1864 Hermann Brockshus Jr. auf den Weg nach Übersee gemacht, zusammen mit Bernhard Petershagen aus dem benachbarten Lintel. Andere sitzen mutmaßlich auf mehr oder weniger gepackten Koffern und warten nur darauf, dass sich die Lage jenseits des Atlantiks entspannt.

In Catharines Familie dominieren zunächst noch andere Themen. Kurz nach Catharines Einschulung in die Volksschule Lintel stirbt im Mai 1872 Mutter Gesche Margarete im Alter von nur 37 Jahren. Vater Tönjes Hinrich bleibt mit seinen beiden Kindern jedoch nicht lange alleine: Bereits im Februar 1873 heiratet er Gesine Stolle, deren Familie ebenfalls in Hurrel ansässig ist (heutiger Eigentümer der Hofstelle: Hartmut Stolle). Im August 1873 kommt dann Catharines Halbschwester Anna zur Welt.

Wann Catharine ihr Elternhaus verlässt und wie in jener Zeit üblich auf einem anderen Hof in Stellung geht, liegt heute im Dunkeln – vermutlich spätestens mit der Geburt des zweitjüngsten Halbbruders Hinrich im Juni 1880. Möglicherweise arbeitet sie im Nachbardorf Altmoorhausen, das damals noch Moorhausen heißt: Von dort stammt zumindest ihr späterer Ehemann Johann Hermann Grummer, dessen Familie am Pohlweg eine 1693 von Johann Wübbenhorst begründete Hofstelle bewirtschaftet (heute: Henning Struthoff).

Catharine und Johann heiraten am 21. April 1898 in Hude. Sie wohnen zunächst in Altmoorhausen, wo Johann als landwirtschaftlicher Gehilfe arbeitet – wahrscheinlich auf dem Hof seiner Eltern, den später der jüngere Bruder Hermann Grummer erbt. Dort kommen die Kinder Johann Heinrich (April 1899), Heinrich Diedrich (Oktober 1900), Adele Gesine (April 1902) und Mathilde (Juli 1904) zur Welt. Bis auf Adele – sie stirbt im Januar 1903 – überstehen alle Kinder die kritischen ersten zwölf Monate und entwickeln sich gut.

Weiter als Angestellter des jüngeren Bruders arbeiten oder ebenfalls auswandern? Eine Anfang des 20. Jahrhunderts nicht minder aktuelle Frage wie 40 Jahre zuvor. Auch Johann und Catharine dürften sie sich des Öfteren stellen. Zwei von Catharines Geschwistern sind diesen Weg in der Zwischenzeit gegangen: Johann Heinrich lebt seit 1893 in Chicago, Anna bewirtschaftet mit ihrem Mann Heinrich Tönjes eine Farm in Nebraska. Verglichen damit liegt das eigene Glück dann aber doch nur einen Steinwurf entfernt – in Munderloh, wo Johann und Catharine 1906 einen mit 18 Hektar für damalige Verhältnisse recht stattlichen Hof kaufen (heute: Else Harms).

In Munderloh werden die Kinder eingeschult, und ein knappes Jahrzehnt lang geht alles seinen gewohnten Gang. Bis im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht und halb Europa auf den Kopf stellt. Ein Krieg, dessen Ende Catharine vermutlich schon bald innig herbeisehnt: Jeder weitere Monat ohne Waffenstillstand erhöht schließlich die Gefahr, dass auch ihre heranwachsenden Söhne mit in das Völkerschlachten hineingezogen werden. Tatsächlich müssen sowohl Johann Heinrich als auch Heinrich Diedrich noch zur kaiserlichen Armee einrücken. Sie kehren aber Ende 1918 wohlbehalten in die Heimat zurück und setzen dort ihre gerade erst begonnene Lehrerausbildung fort.

Was das Thema Hofübernahme betrifft, läuft durch die Berufswahl der Söhne alles auf Mathilde zu. Der Zeitpunkt dafür kommt früher als geplant, denn Familienoberhaupt Johann stirbt bereits im Mai 1925 – drei Jahre vor der Hochzeit seiner Tochter mit Heinrich Hagestedt. Für Catharine eine schwere Zeit, aber sie hält den Betrieb aufrecht und packt auch nach Heinrichs Einheirat tatkräftig mit an. Erst in den 30er Jahren zieht sie sich allmählich zurück und kümmert sich in erster Linie um die auf dem Hof aufwachsenden Enkeltöchter Else, Elfriede und Henni.

Das für viele Deutsche schicksalsträchtige Jahr 1939 beginnt für Catharine denkbar schlecht: Am 19. Januar stirbt Mathilde und lässt ihren Ehemann mit den acht, vier und zwei Jahre alten Töchtern zurück. Im kurz darauf ausbrechenden Zweiten Weltkrieg muss Catharine zusehen, wie ihre Söhne abermals eingezogen werden. Immerhin, auch dieses Mal kommen beide mit dem Leben davon. Auch Schwiegersohn Heinrich, der im September 1940 Henni Lueken heiratet, bleibt unversehrt; ebenso die im Laufe der Jahre – Heinrichs und Hennis Sohn Günter mitgezählt – auf insgesamt zwölf Personen angewachsene Schar der Enkelkinder.

Kurz vor Kriegsende schießt ein an der Einnahme Hattens beteiligter alliierter Panzer den Hagestedt-Hof in Brand. Heinrich, Henni, die vier Kinder und Catharine hausen daraufhin fast ein Jahr lang in einem Hühnerstall, ehe das neue Wohngebäude bezugsfertig ist. Dort stirbt Catharine am 29. April 1950 im Alter von 85 Jahren. Beerdigt wird sie fünf Tage später auf dem Neuen Friedhof in Kirchhatten.