Georg Heinrich Sparke wird am 18. September 1894 als einziges Kind von Heinrich Sparke und Magdalene Sparke auf dem Hof seines Großonkels Gerhard Schweers (heute: Gerold und Annegret Sparke) in Hurrel geboren. Mit Adolf Sparke und Adele Lückemeyer hat er noch zwei Halbgeschwister aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Mathilde Albers.
In den Tagen vor Georgs Geburt geht der im Juli 1894 ausgebrochene Erste Japanisch-Chinesische Krieg in seine entscheidende Phase. Dabei gelingt es den Japanern, in zwei wichtigen Schlachten den Sieg davonzutragen. Am 15. September 1894 greift die Kaiserlich Japanische Armee die von Soldaten des chinesischen Kaisers Guangxu gehaltene koreanische Stadt Pjöngjang an und nimmt sie bereits am nächsten Tag vollständig ein. Am 17. September kommt es dann zur Seeschlacht am Yalu, bei der die chinesische Marine zahlreiche Kriegsschiffe einbüßt. Von Pjöngjang aus rückt die japanische Armee in den folgenden Wochen weiter Richtung Mandschurei vor und überquert am 24. Oktober nach der Einnahme von Jiuliancheng die Grenze zu China.
Der Krieg zwischen den beiden Regionalmächten hatte sich im Vorfeld lange abgezeichnet. Es geht um die Vorherrschaft in Südostasien und ganz konkret um Korea, seit dem 17. Jahrhundert ein Vasallen-Staat Chinas. Dort möchte Japan mehr Einfluss gewinnen – und vor allem verhindern, dass europäische Mächte wie Russland dort Fuß fassen. Deshalb nutzt Japan einen von China niedergeschlagenen Aufstand koreanischer Bauern zum Einmarsch und, als es zu einer Konfrontation mit chinesischen Truppen kommt, zur Kriegserklärung. Dabei ist die modern ausgerüstete und gut ausgebildete japanische Armee von Beginn an im Vorteil. Nach einer Serie weiterer militärischer Niederlagen willigt China im Frühjahr 1895 in den Friedensvertrag von Shimonoseki ein. Er zementiert den neugewonnenen Einfluss Japans in Korea und spricht dem Sieger neben hohen Reparationen auch noch Taiwan, die Pescadores-Inseln und die Liaodong-Halbinsel zu.
Zu viel des Guten, finden in seltener Eintracht die europäischen Großmächte Russland, Deutschland und Frankreich. Sie intervenieren gemeinsam gegen das Vertragswerk und fordern Japan auf, Liaodong an China zurückzugeben. Um in einem möglichen Krieg gegen die militärisch weit überlegenen Europäer nicht alles zuvor Gewonnene wieder zu verlieren, fügt Japan sich – unternimmt aber in den Folgejahren die größten Anstrengungen, um rüstungstechnisch zur Gegenseite aufzuschließen. Derweil nutzen auch die Europäer die anhaltende Schwäche Chinas und sichern sich umfangreiche Pachtrechte. Das Deutsche Reich etwa besetzt 1898 Kiautschou, ein rund 550 Quadratkilometer großes Gebiet im Süden der Shandong-Halbinsel, und errichtet dort einen Flottenstützpunkt.
Pjöngjang? Jiuliancheng? Shimonoseki? Mit diesen Namen kann an der Schwelle zum 20. Jahrhundert wohl kein Deutscher etwas anfangen. Auch der Name der neuen Kolonie Kiautschou dürfte nur den Wenigsten flüssig über die Lippen gehen. Das ändert sich schlagartig, als in China im Frühjahr 1900 der gegen jedweden ausländischen Einfluss gerichtete Boxeraufstand losbricht. Deutschland wird daraufhin Teil einer Acht-Staaten-Koalition, die eine Strafexpedition entsendet. Das Thema beherrscht über Wochen hinweg die Schlagzeilen der Presse und inspiriert Kaiser Wilhelm II. bei der Verabschiedung der dafür vorgesehenen deutschen Truppen am 27. Juli 1900 in Bremerhaven zu seiner berüchtigten Hunnenrede („Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“).
In Hurrel sieht Georg derweil seiner Einschulung in die vom Elternhaus nur etwas mehr als 300 Meter entfernt gelegene Volksschule entgegen. Sie erfolgt im Frühjahr 1901. Zu Georgs in etwa gleichaltrigen, zunächst von Georg Bernhard Schelling und ab 1904 von Johann Logemann unterrichteten Mitschülern gehören unter anderem Johann Ahrens, Adolf Busch, Johann Haverkamp, Georg Lange, Heinrich Tönjes, Gustav Schwarting, Hinrich Wieting und Theodor Wieting. Im Sommer 1901 erhält die Familie dann aus einem ebenso traurigen wie unerwarteten Anlass heraus Zuwachs: Heinrich und Magdalene Sparke nehmen ihren zweijährigen Neffen Heinrich Wefer aus Lintel auf, dessen Eltern kurz nacheinander verstorben sind.
Bei Georgs Schulentlassung und Konfirmation im Frühjahr 1909 ist Mutter Magdalene vermutlich bereits von jener Krankheit gezeichnet, die sie ein knappes Jahr darauf das Leben kosten wird: Die in Hurrel damals wie überall im Deutschen Reich weitverbreitete Volkskrankheit Tuberkulose verläuft in den allermeisten Fällen tödlich. Georg bekommt dadurch im Oktober 1913 mit Mathilde Albers eine Stiefmutter und mit Adolf, dem unmittelbar nach der erneuten Eheschließung geborenen zweiten Sohn seines Vaters, im Alter von 19 Jahren einen Halbbruder.
Wer ist später einmal erbberechtigt, der Sohn aus erster Ehe oder – gemäß dem in der für Hurrel zuständigen Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrecht – der Zweitgeborene? Eine Frage, die sich trotz des Todes des eigentlichen Erblassers Gerhard Schweers (er hatte seinen Neffen Heinrich Sparke in den 1880er Jahren aufgrund eigener Kinderlosigkeit als Hof-Nachfolger nach Hurrel geholt) im April 1916 kaum stellt. Denn seit August 1914 tobt in Europa der Erste Weltkrieg, an dem Georg wie die meisten seiner früheren Mitschüler aus der Volksschule Hurrel teilnimmt. Beim Einsatz an der Westfront, bei dem er eine ihn lebenslang beeinträchtigende Gehbehinderung davonträgt, gerät er kurz vor Kriegsende in französische Gefangenschaft. Sie währt allerdings nur kurz: Schon bald nach dem im November 1918 geschlossenen Waffenstillstand von Compiègne wird er auf freien Fuß gesetzt und erreicht in der Nacht zu Heiligabend jenes durch Kaiser-Abdankung und Ausrufung der Republik geprägten Jahres den Bahnhof in Hude, von wo aus er bei für die Jahreszeit ungewöhnlich milder Witterung zu Fuß den elterlichen Hof ansteuert.
Wann genau Georg seine künftige, aus Hengsterholz stammende Ehefrau Frieda Ehlers kennenlernt, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Sehr wahrscheinlich schon vor oder während des Krieges, denn beide stehen bereits im April 1919 in Hude vor dem Traualtar und kommen danach zunächst auf dem Sparke-Hof in Hurrel unter. Dort leben zu diesem Zeitpunkt Vater Heinrich, Stiefmutter Mathilde, Halbbruder Adolf und Georgs 84-jährige Großtante Anna Schweers – nicht mehr jedoch Heinrich Wefer. Georgs Adoptivbruder hat zwar wie er selbst den Krieg überlebt, ist aber im November 1918 im Alter von nur 19 Jahren in einem Lazarett in Tegel einer Rippenfellentzündung erlegen.
Heinrich Sparke, der im April 1920 durch die Geburt von Georgs Halbschwester Adele noch ein weiteres Mal Vater werden wird, feiert im Mai 1919 seinen 52. Geburtstag. Er wird den zu den größten und ältesten Betrieben des Dorfes gehörenden Sparke-Hof also bei entsprechender Gesundheit noch eine ganze Weile lang weiterführen. Darauf gründet vermutlich die Entscheidung, den jüngeren Sohn Adolf als Nachfolger zu bestimmen. Georg und Frieda ziehen daraufhin ins Nachbardorf Altmoorhausen, wo sie in der Ortsmitte den späteren Hof von Heino und Christa Wiedau pachten. Dort kommt am 18. September 1919 – Georgs 25. Geburtstag – der nach seinem Großvater benannte Sohn Heinrich zur Welt. Für ihn bürgert sich zur besseren Unterscheidung schon bald der Rufname Heinz ein.
Da die Fläche des gepachteten Hofes vergleichsweise klein ist, verdient sich Georg als Buschbinder – so bezeichnet man Personen, die für den Küstenschutz benötigte Hölzer schneiden und entsprechend aufbereiten – noch etwas Geld hinzu. Im Umfeld politischer Unruhen und der sich zur Hyperinflation aufschaukelnden Geldentwertung vergrößert sich die Familie weiter: Der Geburt von Tochter Elfriede im März 1921 folgt im Juni 1925 die zweite Tochter Anneliese.
Drei Jahre später steht in Altmoorhausen der etwas größere Hof von Johann Bruns (heute: Ulrike Meyer-Fangmann) zum Verkauf. Eine Chance, die Georg sich nicht entgehen lässt. Er kauft den Hof und siedelt mit Frieda und den drei Kindern an den südlichen Rand des Dorfes über. Es ist, trotz fortbestehender gravierender Probleme in der Landwirtschaft, die Blütezeit der zehn Jahre zuvor ins Leben gerufenen Weimarer Republik – die allerdings Anfang der 1930er Jahre mit dem Überschwappen der in den USA ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise abrupt endet. Dadurch erhält die 1923 nach dem Hitler-Ludendorff-Putsch kurzzeitig verbotene und danach ihr Dasein als Splitterpartei fristende NSDAP massiven Zulauf. Als die Not groß und größer wird, ernennt Reichspräsident Paul von Hindenburg NSDAP-Führer Adolf Hitler Ende Januar 1933 zum Reichskanzler. Das wenige Wochen später erlassene Ermächtigungsgesetz verwandelt die zuvor betont weltoffene Republik in einen diktatorisch regierten Ein-Parteien-Staat.
Als Ortsbauernführer wird Georg schnell Teil des Systems, wenn auch auf einer der untersten Ebenen. Seinem Hof fügt er in dieser Zeit einen Düngemittel-Handel hinzu, der ihm neben der Landwirtschaft manch zusätzliche Reichsmark einbringt. Letztlich ist Georg jedoch wie die meisten Menschen in seinem Umfeld ein Spielball jener Ereignisse, die Anfang September 1939 in den von Hitler lange geplanten Zweiten Weltkrieg münden.
Am Heiligabend 1939 stirbt Georgs Vater Heinrich. Die folgende Kriegszeit bringt für Georgs Familie dramatische Jahre, die den später kriegsversehrten Sohn Heinz beinahe das Leben kosten und in denen ein Teil des Sparke-Hofes 1942 nach dem Abwurf einer feindlichen Luftmine zerstört wird. Das Kriegsende im Frühjahr 1945 und die ersten Nachkriegsjahre erleben Georg, Frieda und ihre drei Kinder in den nicht zerstörten Gebäudeteilen des Hofes sowie in einer notdürftig errichteten Baracke. Zur Familie gehören inzwischen auch die Enkel Klaus und Gerd aus Elfriedes 1942 geschlossener Ehe mit Ernst Klattenhoff aus Hudermoor. Sie bleiben nach der 1949 vollzogenen Scheidung der Eltern weiter mit ihrer Mutter in Altmoorhausen.
Der Wiederaufbau des Sparke-Hofes zieht sich bis 1947 hin. Heinz, der im Dezember 1946 Linda Dinklage aus Kirchhatten geheiratet hat und den Betrieb aufgrund seiner Kriegsverletzung nicht wie ursprünglich beabsichtigt fortführen kann, lässt sich in Wilhelmshaven zum Lehrer ausbilden und übernimmt danach die Leitung der landwirtschaftlichen Berufsschule in Wittmund. Die freigewordene Baracke bezieht vorübergehend das aus Schlesien vertriebene Ehepaar Josef und Maria Steffens mit den beiden jüngsten ihrer fünf Kinder, Elfriede und Hubert. Nach ihrer einen Tag vor der Währungsreform vom Juni 1948 gefeierten Hochzeit mit Willi Wiechmann kehrt auch Anneliese ihrem Elternhaus den Rücken. Beide bewirtschaften zunächst einen Pachthof in Munderloh und lassen sich danach auf einem 1904 von Friedrich Wilhelm Quitsch errichteten Hof am Brenningsweg nieder (heutiger Eigentümer: Gerno Wiechmann).
Der anders als in den 1920er Jahren auch die Landwirtschaft erfassende Aufschwung der Wirtschaftswunder-Jahre ist auch auf dem Sparke-Hof zu spüren – so schwierig der Neuanfang zunächst auch sein mag. Einige Kühe und zwei Pferde sind der nach und nach erweiterte Grundstock, auf dem Georg nach dem Krieg aufbaut. Muss er sich nach der Anschaffung eines Mähbinders von Bruder Adolf in Hurrel noch ein drittes Pferd ausleihen, so rückt tierische Muskelkraft durch einen 1958 angeschafften Traktor mehr und mehr in den Hintergrund. Technischen Neuerungen gegenüber zeigt sich Georg trotz fortschreitenden Alters stets aufgeschlossen, sowohl seinen Betrieb betreffend als auch privat.
Pläne, den Hof nach Erreichen der Altersgrenze an seinen Enkel Gerd zu übergeben, scheitern an zu unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der künftigen Ausrichtung. So entschließt Georg sich Mitte der 1960er Jahre schweren Herzens zur Betriebsaufgabe und verpachtet das von ihm nicht mehr bewirtschaftete Land. Mitte Februar 1966 stirbt Georgs von ihm sehr geschätzter Schwiegersohn Willi Wiechmann, ihm folgt nur drei Wochen später Ehefrau Frieda. Beide Ereignisse treffen Georg hart. Nach dem Auszug der Enkelsöhne Klaus und Gerd bleibt er mit Elfriede alleine auf dem Sparke-Hof zurück.
Die nächsten zwei Jahrzehnte, die ihm insgesamt 15 Urenkelkinder bescheren, verbringt Georg relativ zurückgezogen auf seinem Altenteil. Am liebsten sitzt er in der warmen Küche, raucht seine Pfeife und liest neben der Tageszeitung Zeitschriften und Journale aus dem Lesezirkel. An Technik und am Weltgeschehen bleibt er weiterhin interessiert. wobei das Fernsehen ihm eine wichtige Informationsquelle ist.
Gesundheitlich ist Georg bereits seit Beginn seines Ruhestands angeschlagen, eine in den 60er Jahren erstmals aufgetretene Krebs-Erkrankung heilt nicht aus. Das Ende kommt dennoch unvermittelt: Am 29. September 1985 – elf Monate nach dem Tod von Sohn Heinz, der ihn ebenfalls hart trifft – erhält Georg nachmittags Besuch von Bruder Adolf, fühlt sich aber nicht wohl und legt sich zu einem Schläfchen ins Bett. Davon erwacht er nicht mehr. Beerdigt ist Georg fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.