Georg Hemme wird am 1. Juli 1897 als zweites Kind von Heinrich Hemme und Catharine Hemme in Sandhatten geboren. Er ist der jüngere Bruder von Heinrich Diedrich Hemme und der ältere Bruder von Friedrich Hemme, Ida Hemme, Willi Hemme und Otto Hemme.
Irgendwann in den Wochen vor Georgs Geburt (das genaue Datum ist heute nicht mehr bekannt) erhält der Stuttgarter Unternehmer Friedrich Greiner die polizeiliche Genehmigung für einen neuartigen Droschken-Service. Dabei handelt es sich um eine Welt-Premiere: Zum Transport der Fahrgäste setzt Greiner nämlich nicht nur wie einige Jahre zuvor schon Friedrich Lutzmann in Dessau einen Motorwagen ein, sondern hat diesen auch erstmals mit einem Taxameter ausgestattet. Das von Friedrich Wilhelm Gustav Bruhn Anfang der 1880er Jahre entwickelte Gerät misst die zurückgelegte Strecke und bestimmt so einen exakten Preis für die erbrachte Dienstleistung. Später wird es einer ganzen Branche – dem Taxi-Gewerbe – zu ihrem Namen verhelfen.
Während Lutzmann seinen mit einem von Carl Benz gefertigten Fahrzeug angebotenen Service in Dessau angesichts der Konkurrenz durch die deutlich billigere Straßenbahn schon bald wieder einstellt, fällt Greiners Geschäftsidee in Stuttgart auf fruchtbaren Boden. Bis 1899 kann er vom Cannstatter Automobil-Produzenten Gottlieb Daimler sechs weitere Taxis anschaffen, die auf eine durchschnittliche Tagesleistung von 70 Kilometern kommen. Das ist deutlich mehr, als mit einer Pferde-Droschke möglich wäre. Der Erfolg ruft deshalb rasch Nachahmer auf den Plan – in Stuttgart selbst, aber auch in zahlreichen anderen Großstädten rund um den Globus. Um die Jahrhundertwende herum nehmen unter anderem in Berlin, Hamburg, Paris, London, Wien und New York zahlreiche motorisierte Taxis ihren Betrieb auf und machen den herkömmlichen Droschken Konkurrenz.
Der Wettbewerb um Kunden und die besten Standplätze verläuft nicht immer ohne Konflikte. Wegen des Motorenlärms scheuende Pferde oder die noch ungeübte und mitunter draufgängerische Fahrweise so mancher Taxi-Lenker sorgen für böses Blut, Unfälle häufen sich. In der Folge bekommen die Traditionalisten von manchen Stadtverwaltungen Rückendeckung: Sie verbieten kurzerhand Taxis mit Benzinmotor. Damit verzögern sie zwar den Fortschritt, können ihn aber letztlich nicht aufhalten. Zum einen sind viele Taxis der damaligen Zeit – aus heutiger Sicht erstaunlich weitsichtig – mit Elektromotor ausgestattet. Zum anderen schließen sich die Betreiber zusammen und bringen die ausgesprochenen Fahrverbote eines nach dem anderen wieder zum Kippen.
Auch Georg Hemme wird dereinst ein begeisterter Autofahrer sein und es bis ins höchste Alter hinein bleiben. Doch bis dahin wird noch ein wenig Zeit vergehen. Als 1906 im nahegelegenen Bremen das erste benzingetriebene Taxi seine (1909 zunächst untersagten) Runden dreht, ist Georgs Familie bereits von Sandhatten nach Munderloh gezogen. Dort hat Vater Heinrich 1905 eine rund zwölf Hektar große Landstelle gekauft und darauf einen Hof errichtet, dessen Erträge für die Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichen. Nicht mehr in Munderloh dabei: Georgs im Januar 1900 geborener Bruder Friedrich, der bereits als Säugling verstorben ist. Der jüngste Bruder Otto wiederum kommt 1907 als einziges Geschwisterkind schon am neuen Standort zur Welt.
Für Georg bringt der Umzug einen Schulwechsel mit sich, er besucht fortan die vom Hemme-Hof anderthalb Kilometer entfernte Volksschule Munderloh. Am 1. April 1912 beginnt er eine Lehre beim Hurreler Schmiedemeister Diedrich Schütte. Die anschließende Gesellenprüfung vor der Handwerks-Innung in Delmenhorst besteht er am 14. März 1916 mit „Sehr gut“. Danach wird Georg wie sein älterer Bruder Heinrich Diedrich und Millionen andere junge Männer seiner Generation in den seit Sommer 1914 tobenden Ersten Weltkrieg hineingezogen.
Während sich Georg (als Nichtschwimmer) bei der Kriegsmarine wiederfindet, dient Heinrich Diedrich Hemme im Heer und gilt dort im Sommer 1917 zeitweise als vermisst. Letztlich jedoch kehren beide nach dem im November 1918 geschlossenen Waffenstillstand in die Heimat zurück. Gut möglich, dass es danach um den Gesundheitszustand des Bruders nicht mehr zum Besten steht – er stirbt am 18. Mai 1923 im Alter von nur 26 Jahren im Pius-Hospital in Oldenburg. Zu diesem Zeitpunkt lebt auch Vater Heinrich Hemme bereits nicht mehr: Sein Herz hat am 14. Januar 1922 aufgehört zu schlagen, wenige Monate vor seinem 55. Geburtstag.
Die kurz aufeinander folgenden Todesfälle erlebt Georg vermutlich schon nicht mehr in Munderloh, sondern im heutigen Bremer Stadtteil Farge. Dort nämlich beginnt 1922 der Bau des Kraftwerks Unterweser, den er als Betriebsschlosser begleitet. In Farge lernt Georg in jenen von der sich rasend schnell zur Hyperinflation ausweitenden Geldentwertung geprägten Anfangsjahren der Weimarer Republik Bernhardine Lübbert aus der Nachbargemeinde Rekum kennen. Sie wird am 15. Februar 1924 seine Ehefrau. Zehn Monate später kommt Tochter Käthe zur Welt, im Oktober 1925 dann Sohn Heinz.
Auch nach Fertigstellung des Kraftwerks arbeitet Georg dort zunächst weiter als Betriebsschlosser. Er dürfte jedoch aufmerksam registrieren, dass ganz in der Nähe des von Mutter Catharine Gesine und den beiden jüngeren Brüdern geführten Hemme-Hofs seit der Eröffnung des Klinkerwerks Munderloh im Jahre 1913 eine Reihe von neuen Industrie-Arbeitsplätzen entstanden ist und dass dort durchaus noch Bedarf an einem fähigen jungen Schlosser besteht. Wann genau es zum Job-Wechsel kommt, ist allerdings nicht überliefert. Ebenso wenig, wie Georg das anfänglich bestehende Problem des Pendelns zwischen Farge und Munderloh löst. Möglicherweise nächtigt er unter der Woche im Heimatort und sieht seine Familie nur an den Wochenenden.
Auf der Suche nach einem arbeitsplatznahen Domizil wird Georg schließlich 1931 im Nachbardorf Altmoorhausen fündig. Von Hinrich Lüers kauft er ein sechs Jahre zuvor errichtetes Wohnhaus (heute: Raphael Muller) an der Dorfstraße, in das er bald danach mit Bernhardine und den beiden Kindern einzieht. Von hier aus beträgt sein mit dem Fahrrad zurückgelegter Arbeitsweg, den er mit schon länger in Altmoorhausen wohnenden Kollegen wie Gerhard Rüscher teilt, nur knapp vier Kilometer.
Das Jahr 1931 markiert in der ebenso kurzen wie dramatischen Geschichte der Weimarer Republik abermals einen Wendepunkt. Mit dem Konkurs der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei in Delmenhorst und dem anschließenden Zusammenbruch der sie finanzierenden Danat-Bank schlägt die Ende 1929 in den USA begonnene Weltwirtschaftskrise voll auf Deutschland durch. Firmenpleite folgt auf Firmenpleite, die Zahl der Arbeitslosen steigt in der Spitze auf 6 Millionen. Politisch nutzt das vor allem republikfeindlichen Kräften wie Kommunisten und Nationalsozialisten. Letztere holen bei den vorgezogenen Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 mit der von Adolf Hitler geführten NSDAP 37 Prozent der abgegebenen Stimmen, ein Zuwachs von 19 Prozentpunkten gegenüber 1930 und sogar 34 Punkten gegenüber 1928. Hitlers Ernennung zum Reichskanzler im Januar 1933 ebnet wenig später den Weg in den NS-Staat.
Dass ihr Kreuz auf dem Wahlzettel nicht nur das gesellschaftliche Leben in Deutschland radikal verändert, sondern auch ein erster Domino-Stein auf dem Weg in einen neuen Weltkrieg ist, realisieren anfangs vermutlich die wenigsten NSDAP-Anhänger. Er beginnt sechs Jahre später mit dem deutschen Überfall auf Polen. Anders als sein letzter verbliebener Bruder Otto in Munderloh (der zweite Bruder Willi ist 1934 verstorben) wird Georg danach nicht zur Wehrmacht einberufen. Das mag zum einen mit seinem Alter (er ist im September 1939 immerhin schon 42) zu tun haben. Zum anderen aber vielleicht auch mit seinem zunehmenden Engagement für die 1935 ins Leben gerufene Freiwillige Feuerwehr Altmoorhausen. Viele Mitglieder der ersten Stunde leisten Kriegsdienst, und mit zunehmender Kriegsdauer häufen sich im Einsatzgebiet der Altmoorhauser Wehr feindliche Fliegerangriffe und von ihnen ausgelöste Großbrände. Mit anderen Worten: Georg ist in der Heimat unabkömmlich.
Für Sohn Heinz, der im Oktober 1943 seinen 18. Geburtstag begeht, gilt das nicht. Er wird ins besetzte Frankreich abkommandiert und fällt dort Anfang August 1944, wenige Wochen nach der Invasion der Alliierten in der Normandie. Mit Otto Hemme fordert der Krieg im engeren Familienkreis noch ein weiteres Opfer: Georgs Bruder in Munderloh – seit 1936 mit der gebürtigen Altmoorhauserin Hermine Grummer verheiratet – gerät 1945 in sowjetische Gefangenschaft, aus der er nicht zurückkehrt.
Die später vielzitierte, auf die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht datierte Stunde Null stellt auch in Altmoorhausen vieles auf Anfang zurück. Was sich nicht verändert, ist die Bedeutung der Feuerwehr. Deren Mitglieder haben zwar anfangs kein Löschfahrzeug mehr. Dafür aber in Georg jemanden, der zusammen mit dem Gründungsvorsitzenden August Blankemeyer den Wiederaufbau unermüdlich vorantreibt und 1952 dessen Nachfolger als Ortsbrandmeister wird. Ein Amt, das Georg neben seiner Arbeit in der Ziegelei Munderloh bis 1965 mit viel Hingabe ausübt.
Tochter Käthe, nach Schulabschluss und Konfirmation in Oldenburg zur Kontoristin ausgebildet, lernt in den Wirren der ersten Nachkriegsmonate den Wiener Musiker Robert Möderler kennen, den sie im Mai 1946 heiratet. Georgs Schwiegersohn erhält kurz nach der Hochzeit beim Rundfunk-Sinfonieorchester in Stuttgart eine feste Anstellung als Posaunist, so dass er mit Käthe von der britischen in die amerikanische Besatzungszone übersiedelt. Georg und Bernhardine, die nun viel Platz im Haus haben, vermieten das Obergeschoss daraufhin an Christoph und Helene Tittnags. Als deren Kinder nach und nach den gemeinsamen Haushalt verlassen, kommen 1951 Erich und Lieselotte Kramp mit ihrem vierjährigen Sohn Wolfgang hinzu. An das Ehepaar Kramp, das in den Räumen der von Anton Budde geführten Dorf-Gaststätte (heute: Crown Event Location) einen Frisiersalon betreibt, verkauft Georg 1957 den hinteren, Richtung Piepersweg gelegenen Teil seines Grundstücks. Dort entsteht ein neues Wohn- und Geschäftshaus, wohin der Salon nach Fertigstellung umzieht.
In den 1960er Jahren prägen neben seinem Engagement für die Feuerwehr zwei familiäre Ereignisse Georgs weiteres Leben: zum einen die Geburt der Enkeltochter Catrin im Februar 1965, zum anderen der überraschende Tod von Ehefrau Bernhardine. Sie stirbt im März 1969 an einer im Krankenhaus erlittenen Embolie. Trotz der großen Entfernung reisen Tochter und Enkelin auch in den folgenden Jahren weiter regelmäßig von Stuttgart nach Altmoorhausen. Mit Catrin, die stets einen Teil ihrer Sommerferien bei ihm verbringt, verbinden Georg dabei viele gemeinsame Erlebnisse.
Bei aufgrund jahrzehntelangen starken Rauchens nur noch mäßig guter Gesundheit feiert Georg 1977 mit Verwandten, Nachbarn und Feuerwehrkameraden seinen 80. und fünf Jahre später den 85. Geburtstag. Zwischen diesen beiden Ehrentagen erhält er 1980 für 40-jährige Mitgliedschaft das Niedersächsische Feuerwehr-Ehrenzeichen in Gold.
Georg stirbt am 17. März 1986, wenige Monate vor seinem 89. Geburtstag. Beigesetzt wird er drei Tage später mit einer Ehrenwache seiner geliebten Feuerwehr auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.