Alma Mathilde Spinning – Biographie

Alma Mathilde Spinning wird am 8. Juni 1912 als erstes Kind von Johann Hinrich Spinning und Martha Spinning auf dem elterlichen Hof in Altmoorhausen (heute: Jana Schmale) geboren. Sie ist die ältere Schwester von Klara Dannemann. Mit Gustav Drieling, Erna Peters und Anni Jugelt hat sie noch drei jüngere Halbgeschwister aus der zweiten Ehe ihrer Mutter mit Johann Gerhard Drieling.

Am Tag von Alma Mathildes Geburt endet nach 60 Stunden der Ausbruch des Novarupta in Alaska. Die größte Eruption eines Vulkans im 20. Jahrhundert schleudert rund 15 Milliarden Kubikmeter Magma aus dem Erdinneren in die Atmosphäre. Der Knall der Explosion ist so laut, dass er mit einer zeitlichen Verzögerung von einer Stunde noch in 1.000 Kilometern Entfernung zu hören ist. Über den östlich gelegenen Kodiak-Archipel zieht eine dichte Aschewolke hinweg, deren südliche Ausläufer später sogar die kanadische Großstadt Vancouver erreichen. Weil es im von der Naturkatastrophe betroffenen Gebiet nur wenige bewohnte Siedlungen gibt, hält sich allerdings die Zahl der Opfer – anders als 1883 beim auf dem Vulkan-Explosivitäts-Index vergleichbar heftigen Ausbruch des Krakatau in Indonesien – in engen Grenzen. Manchen Quellen zufolge gibt es gar keine Menschenleben zu beklagen, andere Berichte sprechen von etwas mehr als einem Dutzend Toten.

Nach der Krakatau-Explosion hatte es weltweit nur noch drei Vulkan-Eruptionen gegeben, bei der Hunderte oder sogar Tausende von Menschen gestorben waren. Alle drei Katastrophen ereigneten sich 1902, als in der Karibik kurz nacheinander der Soufrière auf St. Vincent und der Mont Pelé auf Martinique ausbrachen sowie einige Monate später der Santa María in Guatemala. Eine ähnliche Häufung tödlicher Eruptionen findet 1912 glücklicherweise nicht statt, und zumindest Europa bleibt auch in den folgenden Jahren von größeren Zwischenfällen verschont. Latente Gefahr besteht dort ohnehin nur in Italien, wo mit dem Vesuv, dem Ätna und dem Stromboli gleich drei größere Vulkane aktiv sind.

Die nächste Katastrophe, die den Kontinent heimsucht, ist im Gegensatz dazu menschengemacht – und im Vergleich zur Summe aller Vulkanausbrüche, die die Welt je gesehen hat, fordert der im August 1914 begonnene Erste Weltkrieg ein Vielfaches an Opfern. Auch oder gerade in Deutschland, das sich an der Seite Österreich-Ungarns mit einem zumindest gleichstarken Militärbündnis sowie einem Zwei-Fronten-Krieg konfrontiert sieht. Daran nimmt allem Anschein nach auch Alma Mathildes Vater teil, zu dem sich in den vom Militär geführten amtlichen Verlustlisten für das Jahr 1915 der Hinweis „leicht verwundet“ findet. Ihre ersten Lebensjahre auf dem Spinning-Hof (der Keimzelle Altmoorhausens) verbringt Alma Mathilde also zumindest zeitweise allein mit Mutter Martha, die jüngere Schwester Klara kommt erst im Juli 1918 hinzu.

Während der Krieg in den letzten Zügen liegt und am Ende für Deutschland verlorengeht, bahnt sich im Sommer 1918 mit der Spanischen Grippe eine weitere Katastrophe globalen Ausmaßes an. Die späteren Erkenntnissen zufolge von US-Soldaten in Europa eingeschleppte Krankheit fordert in Deutschland in den folgenden zwei Jahren bis zu 300.000 Opfer. Ob im November 1918 auch Johann Hinrich Spinning diesem speziellen Subtyp erliegt oder ob Alma Mathildes Vater eine „normale“ Influenza zum Verhängnis wird, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Eine Grippe ist es in jedem Fall, so steht es zumindest im Huder Kirchenbuch.

Durch den frühen Tod des Vaters zur Halbwaise geworden, wird Alma Mathilde sehr wahrscheinlich im Frühjahr 1919 in die nach dem Dienstantritt von Hauptlehrer Friedrich Hartmann wiedereröffnete Volksschule Altmoorhausen eingeschult – zeitgleich mit Erna Gerda Breas, Frieda Rüschen und Herbert Rüscher. Im Mai 1920 heiratet Mutter Martha Johann Gerhard Drieling aus Neuenkoop, der fortan den Spinning-Hof weiterführt. Anderthalb Jahre später wird Halbbruder Gustav geboren.

Wie Alma Mathilde und ihre Familie mit der bis 1923 rasant an Fahrt gewinnenden Hyperinflation die nächste – dieses Mal wirtschaftliche – Katastrophe überstehen, ist nicht überliefert. Zwar bessern sich Mitte der 1920er Jahre die Zeiten wieder etwas. Alma Mathildes Leben wendet sich gleichwohl nicht zum Guten, ganz im Gegenteil. An Tuberkulose erkrankt, kann sie vermutlich gegen Ende ihrer Schulzeit nur noch sporadisch am Unterricht teilnehmen. Sie stirbt am 22. April 1927 im Alter von nur 14 Jahren. Beerdigt ist Alma Mathilde vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.