August Heinrich Gerhard Karl Haverkamp wird am 13. Februar 1909 als zweites Kind von Johann Hinrich Haverkamp und Meta Katharine Haverkamp im damals noch selbstständigen Oldenburger Stadtteil Nadorst geboren. Er ist der jüngere Bruder von Martha Niemann und der ältere Bruder von Heinrich Friedrich Haverkamp, Hertha Hoppe, Johann Haverkamp, Herbert Haverkamp und Bertha Lange.
Anderthalb Wochen vor Augusts Geburt kommt es angesichts von Tauwetter und heftigen Regenfällen in zahlreichen Regionen des Deutschen Reiches zu Hochwasser mit großflächigen Überschwemmungen. Am stärksten betroffen ist Nordbayern, wo Main und Pegnitz über ihre Ufer treten. In Nürnberg stehen Teile der Altstadt meterhoch unter Wasser, sämtliche Brücken sind unpassierbar. „Die Wöhrder Wiese gleicht einem großen breiten Strom von schmutziggelbem Wasser. Dahertreibende Telefonmasten haben sich an Bäumen gefangen und bilden mit anderen Gegenständen Wehre, über welche die Wassermassen tosend stürzen“, schreibt dazu die „Fränkische Tagespost“ in ihrer Ausgabe vom 5. Februar 1909. Dank rechtzeitiger Warnungen sind nur zwei Todesfälle zu beklagen, beide aus Leichtsinn: Ein Mann ertrinkt bei dem Versuch, die Fluten mit einem Brett zu überqueren, ein zweiter beim Bergen von Treibgut.
Einen weiteren Schwerpunkt des Geschehens bilden die Thüringischen Staaten und die Provinz Hannover. In Göttingen können Helfer nur noch mit Booten ausrücken, um Menschen aus ihren teils vom Einsturz bedrohten Häusern zu retten. Überall im Umland ertrinken Tiere in den Ställen, Ernten werden weggespült. In Hannoversch Münden, wo Werra und Fulda zur Weser zusammenfließen, steht ebenfalls ein beträchtlicher Teil der Altstadt unter Wasser. Deutschlandweit fallen der Naturkatastrophe mehr als 100 Menschen zum Opfer, im Ruhrgebiet droht zeitweise Seuchengefahr durch den Ausbruch von Typhus. Den Gesamtschaden taxieren die Behörden auf mehrere 100 Millionen Mark. In vielen überschwemmten Regionen – Augusts Heimat gehört glücklicherweise nicht dazu – flammt dadurch die zuvor lange brachliegende Diskussion um Schutzmaßnahmen wieder auf. Gefordert werden unter anderem stärkere Uferbefestigungen und Flussregulierungen.
Mag in jenen Wochen auch das Thema Katastrophenschutz die öffentliche Debatte in Deutschland dominieren – für die Zukunft des Kaiserreichs besitzt ein anderes Ereignis aus dem Februar 1909 deutlich mehr Relevanz. Nämlich der fortwährende Streit um die Zukunft der im Vorjahr von Österreich-Ungarn annektierten Balkan-Provinzen Bosnien und Herzegowina. Zwar erklärt das Osmanische Reich am 26. Februar 1909 seinen endgültigen Verzicht auf die ehemaligen Besitzungen, doch meldet das Nachbarland Serbien gleichfalls Ansprüche an. Es folgen zwei Balkan-Kriege und – nach der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand durch serbische Nationalisten – der Erste Weltkrieg.
Ob Augusts Vater als Soldat am letztgenannten Konflikt teilnimmt, ist heute nicht mehr bekannt. August selbst wird sehr wahrscheinlich im Laufe des zweiten Kriegsjahres 1915 in Nadorst eingeschult, ein Jahr später vergrößert Bruder Johann die Familie. Der jüngste Bruder Herbert wiederum wird im Oktober 1919, also ein knappes Jahr nach Kriegsende und Ausrufung der Weimarer Republik, in Friedrichsfehn geboren. Der zuvor mit diesem Umzug verbundene Schulwechsel soll für August nicht der letzte bleiben: Die jüngste Schwester Bertha nämlich kommt im April 1922 in Metjendorf zur Welt, wo Johann Hinrich Haverkamp – mittlerweile als angestellter Müller in der Mühle am Pferdemarkt beschäftigt – 1920 oder 1921 im Schwarzen Weg ein Haus gekauft hat. Überschattet wird der neuerliche Ortswechsel vom Tod des Bruders Heinrich Friedrich: Er stirbt im Juni 1921, nur vier Wochen nach seinem zehnten Geburtstag.
Nach Schulabschluss und Konfirmation geht August auf dem Hof von Johann und Alwine Wichmann in Moordorf (heute: Ralf Wichmann) in Stellung. Dort übernimmt er unter anderem die Tätigkeit eines Fuhrmanns, der mit seinem Pferdegespann diverse Haushalte in der näheren Umgebung mit Milch beliefert. Mit einer seiner Arbeitskolleginnen – Berta Osterloh aus Munderloh – verbindet ihn bald mehr als nur ein dienstliches Verhältnis: Sie und August werden ein Paar und heiraten im Dezember 1931 in Kirchhatten. Zehn Wochen später bringt Berta in Altmoorhausen, wo August in der von Heinrich Brand gepachteten Dorf-Gaststätte „Zum Wunderhorn“ (heute: Crown Event Location) eine kleine Dachgeschoss-Wohnung angemietet hat, Tochter Hildegard zur Welt.
In Altmoorhausen ist Augusts Ehefrau keine Unbekannte. Nach dem Tod ihrer Mutter hat Berta dort von 1918 an mehrere Jahre auf dem Hof von Johann Hinrich Schmerdtmann (heute: Hartmut und Renate Schmerdtmann) zugebracht und in dieser Zeit auch die örtliche Volksschule besucht. Das erleichtert es August, im Dorf schnell Anschluss und auch eine Anstellung zu finden. Sein neuer Arbeitgeber, der in direkter Nachbarschaft wohnende Bäcker und Kolonialwaren-Händler Otto Breas, kann einen mit Pferd und Wagen erfahrenen Auslieferer gut gebrauchen. Dabei reicht Augusts Radius abermals bis nach Oldenburg, und mit dem so verdienten Geld kommen er, Berta und Hildegard trotz der sich verschärfenden Weltwirtschaftskrise einigermaßen über die Runden.
Ungeachtet dessen nimmt angesichts von sechs Millionen Arbeitslosen die politische Radikalisierung im fast nur noch durch Notverordnungen regierten Land stetig zu. Sie beschert der von Adolf Hitler geführten NSDAP bei den im Mai 1932 abgehaltenen Landtagswahlen im Freistaat Oldenburg eine absolute Mehrheit. Als Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler dann im Januar 1933 zum Kanzler für ganz Deutschland ernennt, gibt es kein Zurück mehr. Die demokratisch legitimierte Weimarer Republik mutiert binnen weniger Monate zum diktatorisch regierten NS-Staat, unter dessen Herrschaft im Hause Haverkamp mit Heino (April 1934) und Herbert (Juni 1935) zunächst zwei weitere Kinder geboren werden. Nahezu zeitgleich mit Herberts Geburt gründet sich in Altmoorhausen eine Freiwillige Feuerwehr, die August mit aus der Taufe hebt. Auch an einer der ersten gemeinschaftlichen Aktionen, der Aushebung eines Löschteiches, beteiligt er sich aktiv. Aus seinen späteren Erzählungen wird allerdings auch deutlich, wie Ziviles und Militärisches in jenen Jahren bereits Hand in Hand geht. So werden die Feuerwehrmänner während des Übungsdienstes angewiesen, im Saal von Heinrich Brands Gaststätte regelmäßig das Marschieren zu üben.
Im Februar 1938 wächst die Familie durch die Geburt von August Helmut um einen weiteren Sohn. Spätestens jetzt wird die über dem „Wunderhorn“ gemietete Wohnung zu klein, und August sieht sich nach einer Alternative um. Er findet sie direkt gegenüber, in einem kleinen Heuerhaus auf dem Hof von Georg und Meta Mitwollen. Das ermöglicht es ihm, neben einer Schar Hühner auch mehrere Schweine für den Eigenbedarf zu halten. Zusammen mit dem Gemüsegarten, den Berta nach dem Umzug einrichtet, senkt das die Lebenshaltungskosten und macht die etwas höhere Miete mehr als wett.
Als im Januar 1940 als fünftes Kind Sohn Werner hinzukommt, tobt nach dem deutschen Überfall auf Polen bereits seit mehr als vier Monaten der Zweite Weltkrieg. August ist, nachdem er seinen Stellungsbefehl bekommen hat, praktisch vom ersten Tag an dabei. Es folgen Einsätze in Frankreich und Russland, wo er jeweils die mitgeführten Pferde betreut. Später verschlägt es ihn dann ins besetzte Griechenland, wo er eine Zeitlang in der Hafenstadt Patras stationiert ist. Nach dem im Herbst 1944 begonnenen Rückzug der Wehrmacht aus der Balkan-Region gerät August in britische oder amerikanische Gefangenschaft und kehrt erst im Sommer 1946 nach Altmoorhausen zurück.
Ehefrau Berta ist in der Zwischenzeit mit den fünf Kindern vom baufälligen und später abgebrochenen Heuerhaus des Mitwollen-Hofes in ein zuvor von Gerhard und Meta Rüscher bewohntes Haus am Pohlweg (heute: Ingo Fischer) gezogen. Dort wohnt die Familie auf ähnlich engem Raum wie zuvor schon – ist aber erst einmal froh, den Krieg ohne Verluste überstanden zu haben. Augusts neuer Arbeitgeber wird die Ziegelei in Munderloh, die ihm sowohl vor als auch nach der 1948 durchgeführten Währungsreform eine relativ krisensichere Beschäftigung bietet. Daneben engagiert er sich wie schon vor dem Krieg tatkräftig in der Feuerwehr. Im örtlichen, 1950 zu neuem Leben erweckten Schützenverein ist er zwar ebenfalls Mitglied, nimmt aber nur selten an Veranstaltungen teil.
Das Haus am Pohlweg, das bis 1892 an anderer Stelle als Schulhaus gedient hat, verfügt als Rauchhaus über keinen Schornstein. Der Qualm der Feuerstelle muss deshalb außer durch gelegentliches Lüften über das Dach abziehen. Das ist für die Bewohner nicht eben komfortabel – besitzt aber den Vorteil, dass August und Berta mit dem Rauch frisch verarbeitetes Fleisch konservieren können. Eine Tätigkeit, die sie gegen ein kleines Entgelt auch für Nachbarn und andere Dorfbewohner übernehmen. Ferner bietet das neue Domizil August die Möglichkeit, bis zu zwei Kühe zu halten. In späteren Jahren trifft er dazu an einem feuchtfröhlichen Abend im inzwischen von Anton Budde geführten „Wunderhorn“ eine Abmachung mit dem Hurreler Großbauern Bernhard Haverkamp: Wenn dieser ihm eine seiner Jungkühe überlasse, werde er sie in Raten sowie zusätzlich mit den von ihr geborenen Kälbern abbezahlen. Dabei erwischt August – zufällig oder mit zielsicherem Auge, wer weiß das schon so genau – das leistungsstärkste Tier der Herde. In der Rangliste des Milchkontrollvereins Wüsting für seine Bestandsgröße taucht er deshalb fortan ganz oben auf.
In der zweiten Hälfte der 50er Jahre heiraten vier der fünf Kinder, dadurch leert sich das Haus nach und nach. Als 1962 nach seiner Hochzeit mit Gerda Rudolf auch der jüngste Sohn Werner auszieht, ist Berta Haverkamp bereits schwer herzkrank. Sie stirbt im April 1964. Allein ist August danach dennoch nicht: Mit im Haus wohnen Sohn Herbert, Schwiegertochter Charlotte und deren drei Kinder Gerno, Jürgen und Dieter. Im November 1965 kommt dann noch Herberts und Charlottes Tochter Sabine hinzu.
Die Geburt der beiden nächsten Geschwisterkinder Holger und Frank erlebt August nicht mehr mit: Am 22. Januar 1967 – ein knappes Jahr nach seinem Wechsel zur Ziegelei Knabe in Kirchkimmen – verunglückt er tödlich, als er in Tweelbäke auf dem Weg zur Familie seines dort wohnenden Sohnes August Helmut mit dem Fahrrad die damals noch stark befahrene Bundesstraße 75 überqueren will. Beerdigt ist August vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.