Friedrich Emil Wunderlich – Rufname Emil – wird am 13. August 1882 als zweites Kind von Friedrich Ernst Wunderlich und Elise Catharine Wunderlich in Abbehauser Altendeich bei Nordenham geboren. Er ist der jüngere Bruder von Martha Wilhelmine Wunderlich und der ältere Bruder von Bertha Johanne Wunderlich, Erna Johanne Sophie Wunderlich, Franz Georg Wunderlich, Henni Helene Wunderlich, Minna Antonie Wunderlich, Lina Luise Wunderlich, Ernst Wunderlich, Alma Catharine Wunderlich und Heinrich Otto Wunderlich.
In den Wochen um Emils Geburt setzt Großbritannien seinen Feldzug zur Besetzung Ägyptens fort. Anlass der Kämpfe in der zum Osmanischen Reich gehörenden, aber relativ unabhängig agierenden Provinz ist ein Aufstand der nach Ahmed Urabi Pascha benannten Urabi-Bewegung. Ägyptens im Februar 1882 vom neuen osmanischen Statthalter Muhammad Tawfiq Pascha ernannter Kriegsminister hatte unter dem Eindruck der zerrütteten Staatsfinanzen die Losung „Ägypten den Ägyptern“ ausgerufen. Um ausländische Gläubiger außer Landes zu treiben, droht er unter anderem damit, den Suez-Kanal zu sperren. Für Großbritanniens Premierminister William Gladstone eine nicht hinnehmbare Provokation – verkürzt doch der 1869 eröffnete Kanal den Seeweg britischer Schiffe in die Kronkolonie Indien um rund 7.000 Kilometer.
Nachdem britische Kriegsschiffe im Juli 1882 die Hafenstadt Alexandria unter Beschuss genommen und anschließend besetzt haben, kommt es am 5. August zur Schlacht von Kafr El Dawwar. Dort demonstrieren die Briten zwar ihre taktische und technische Überlegenheit, erzielen aber keinen entscheidenden Sieg. Dieser gelingt erst fünf Wochen später in der Schlacht von Tel-el-Kebir, die auf ägyptischer Seite schätzungsweise 2.000 Tote fordert. Auf der Gegenseite hingegen verlieren mehr Soldaten durch Hitzschlag ihr Leben als durch Feindeinwirkung. Einen Tag darauf gerät Urabi in Gefangenschaft, der Aufstand bricht zusammen. Während Urabi zunächst zum Tode verurteilt und anschließend nach Ceylon verbannt wird, übernimmt Großbritannien die Kontrolle über das Land. Offiziell bleibt Ägypten allerdings weiter ein Teil des Osmanischen Reiches, da Briten-Premier Gladstone die direkte Konfrontation mit anderen Kolonialmächten in der Region – insbesondere Frankreich und Italien – möglichst vermeiden möchte.
Ob die Geschehnisse in Nordafrika in Emils Heimatregion Aufmerksamkeit erzeugen oder vielleicht sogar Stoff für Diskussionen liefern? Mag dies auch nicht unbedingt für die Gegend um Nordenham gelten, so aber doch mit einiger Sicherheit für die nächstgelegene Großstadt Bremen: Dort nämlich fassen die beiden Kaufleute Adolf Lüderitz und Heinrich Vogelsang im Herbst 1882 den Plan, im noch nicht vollständig erschlossenen Südwesten Afrikas eine private Kolonie unter deutschem Schutz zu errichten. Eine Idee, die bei Reichskanzler Otto von Bismarck nicht gerade auf Begeisterung stößt, ihn aber letztlich doch in den Wettlauf um die letzten weißen Flecken auf der Karte des Schwarzen Kontinents eintreten lässt: Vom 7. August 1884 an weht über dem zunächst Lüderitzland genannten Gebiet die schwarz-weiß-rote Reichsflagge, später bürgert sich dann die Bezeichnung Deutsch-Südwestafrika ein.
In Abbehauser Außendeich liegt zu diesem Zeitpunkt die Taufe von Emils nächstjüngerer Schwester Bertha Johanne erst wenige Monate zurück. Sie ist das zweite Familienmitglied, das dort geboren ist – die ältere Schwester Martha Wilhelmine ist 1880 noch in Stollhammerdeich zur Welt gekommen, dem Geburtsort von Mutter Elise Catharine. Vater Friedrich Ernst wiederum stammt aus dem Nachbarort Iffens. Von den elf Kindern des Paares stirbt mit der 1890 geborenen Tochter Henni Helene nur eines im Kleinkindalter, die anderen wachsen wie Emil in vermutlich räumlich wie finanziell stark eingeschränkten Verhältnissen auf. Ob Friedrich Ernst Wunderlich 1884 bereits als „Müller auf der Hobenmühle“ arbeitet, als den ihn spätere Dokumente bezeichnen, liegt heute im Dunkeln. Er stirbt im Juni 1905 im Alter von 52 Jahren.
Wann Emil beschließt, nach Schulentlassung und Konfirmation die Laufbahn eines Lehrers einzuschlagen, lässt sich angesichts der schmalen Datenlage ebenfalls nur vermuten. Dafür muss er aber auf jeden Fall das Evangelische Lehrerseminar in Oldenburg absolvieren, das damals in der Peterstraße untergebracht ist. Geht man davon aus, dass Emil wie sein Nachfolger als Leiter der Volksschule in Altmoorhausen, Johann Folkers, schon als 14-Jähriger aufgenommen wird und insgesamt fünf Jahre im Seminar zubringt, müsste er seine Ausbildung 1901 oder 1902 abgeschlossen haben. Daran schließt sich der Wehrdienst an, den Emil möglicherweise wie die meisten angehenden Lehrer jener Zeit als Einjährig-Freiwilliger ableistet.
Seine künftige, ein Jahr jüngere und aus dem Nachbarort Abbehausergroden stammende Ehefrau Johanne Friederike Rohde kennt Emil wahrscheinlich bereits aus der Schulzeit. Beide heiraten am 22. Mai 1908 in Abbehausen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet Emil schon in Altmoorhausen (seit wann genau ist unbekannt) und wohnt auch im örtlichen Schulhaus. Dort kommt im Februar 1909 Tochter Johanne zur Welt, im Mai 1911 dann die zweite Tochter Frida. Zu den Altmoorhauser Kindern, die Emil in jenen Jahren unterrichtet, gehören unter anderem Friedrich Diedrich Beneke, Anni Düser und Hinrich Heyne.
Liegt es an den auch von Nachfolger Johann Folkers beklagten baulichen Mängeln des Schulhauses, dass Emil Altmoorhausen im Laufe des Jahres 1911 wieder verlässt? Fenster und Türen des in seinem Geburtsjahr 1882 errichteten Gebäudes sind undicht, das über einen Brunnen auf dem Gelände geförderte Trinkwasser ist ungenießbar, und es gibt kein Stallgebäude, was die in den meisten Lehrer-Haushalten der damaligen Zeit für den Eigenbedarf durchaus übliche Haltung von Hühnern, Schweinen und vielleicht einer Kuh nahezu unmöglich macht. Oder zieht es Emil einfach nur zurück in die alte Heimat, als er sich auf eine freie Hauptlehrer-Stelle in Seefelderaußendeich – von Abbehausen gerade einmal zehn Kilometer entfernt – bewirbt? Wie auch immer: Seine Bewerbung findet Gehör, Emil kann den begehrten Posten irgendwann in der zweiten Jahreshälfte 1911 antreten.
Auch in Seefelderaußendeich ist Emil jedoch kein langer Aufenthalt vergönnt. Im Sommer 1914 löst die Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Ehefrau Sophie in Sarajevo den Ersten Weltkrieg aus, zu dem Emil trotz zwischenzeitlicher Geburt der schon 1915 wieder verstorbenen dritten Tochter Ella vermutlich zeitnah eingezogen wird. Als Gefreiter in der 6. Kompanie des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 229 findet er am 26. September 1917 in der Nähe der heute als Synonym für irrsinnige Materialschlachten geltenden französischen Ortschaft Verdun den Tod. Der Verlauf seines letzten Einsatzes, nach dem er offiziell zunächst als vermisst gilt, ist dabei ebenso wenig bekannt wie der Ort, an dem seine sterblichen Überreste beerdigt sind.