Johann Bernhard Rüschen wird am 31. Oktober 1876 als einziges Kind von Hinrich Wilhelm Rüschen und Meta Rüschen auf dem elterlichen Hof in Altmoorhausen (heute: Henning und Dörte Rüschen) geboren.
Zehn Tage vor Johanns Geburt beginnt in München das Straßenbahn-Zeitalter. Wie in den meisten anderen Großstädten auch wird das Tram getaufte Verkehrsmittel zunächst mit Pferden betrieben. Die Fahrt führt vom Promenadenplatz über Stachus, Bayerstraße, Bahnhofplatz, Dachauer Straße und Stiglmaierplatz zur Nymphenburger Straße und dauert rund 20 Minuten. Nach kurzem Umspannen geht es dann die gleiche Strecke wieder zurück, insgesamt stehen für den laufenden Betrieb 48 Pferde bereit. Am ersten Tag nutzen etwas mehr als 5.000 Fahrgäste den neuen Service.
Bayerns Hauptstadt ist, was diese Frühform des öffentlichen Nahverkehrs betrifft, relativ spät dran. Die erste auf Schienen geführte Pferde-Straßenbahn Deutschlands geht im Juni 1865 in Berlin in Betrieb, Hamburg folgt im August 1866. Auch in Stuttgart (Februar 1868), Frankfurt am Main (Mai 1872), Leipzig (Mai 1872), Dresden (September 1872), Barmen-Elberfeld (April 1874) sowie ganz aktuell in Düsseldorf (Februar 1876) und Bremen (Juni 1876) stehen entsprechende Angebote bereit. Ein bereits 1869 mit der nötigen Konzession ausgestattetes Münchner Projekt scheitert zunächst an der Finanzierung, danach verzögern Auflagen und Verbote der Stadtverwaltung und der Polizeidirektion einen neuen Anlauf. Als nächste Großstadt nach München zieht im April 1877 Köln nach.
Auch kleinere Orte kommen in den folgenden Jahren in den Genuss einer Pferdebahn. Sogar Oldenburg, die zum Zeitpunkt von Johanns Geburt nur rund 17.500 Einwohner zählende und von Altmoorhausen knapp 15 Kilometer entfernte Hauptstadt des gleichnamigen Großherzogtums: Dort richtet die Oldenburger Pferdebahn AG im Mai 1884 eine von der Donnerschweer Straße bis zur Cäcilienbrücke reichende Nord-Süd-Linie sowie eine vom Zeughaus der Artilleriekaserne in der Ofener Straße (heute: FH Oldenburg) über den Stau zum Bahnhof führende Ost-West-Verbindung ein. Eine dritte Linie führt von der Cäcilienbrücke zum Ausflugslokal „Lindenhof“ in Nadorst.
Schon zum Jahresende 1884 stellt die Gesellschaft den Betrieb allerdings wegen zu geringer Erträge wieder ein. Die Einnahmen von 14.000 Mark reichen gerade aus, die eingesetzten Pferde zu versorgen. Es müssen aber auch noch zwölf als Kutscher beziehungsweise Schaffner tätige Mitarbeiter bezahlt werden. Ein zweiter, im April 1887 gestarteter Versuch scheitert ebenfalls. Zwar signalisiert die Stadt dieses Mal aus öffentlichen Geldern einen Zuschuss von 2.200 Mark pro Jahr, doch das reicht immer noch nicht zur Kostendeckung. Viele Oldenburger wollen sich keinen Fahrschein leisten und gehen lieber weiter zu Fuß – bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit der Pferdebahn von sieben Stundenkilometern kein großer Zeitverlust. Die zunehmende Beliebtheit von Fahrrädern tut ein Übriges: Am 28. November 1888 stellt die Oldenburger Pferdebahn AG ihren Betrieb endgültig ein.
Als die Gesellschaft die nicht mehr benötigten Wagen und Schienen 1890 an die neugegründete Straßenbahngesellschaft in Schleswig verkauft, steht Johann bereits kurz vor dem Abschluss der Altmoorhauser Volksschule. Dort gehören unter anderem Hinrich Gode, Friedrich Grummer und Hermann Grummer zu seinen in etwa gleichalten Mitschülern. Spätestens im Konfirmandenunterricht in Hude lernt er seine künftige, lediglich drei Wochen jüngere Ehefrau Annchen Barkemeyer aus Hurrel kennen. Wann und bei welcher Gelegenheit beide ein Paar werden, liegt heute allerdings im Dunkeln.
Als einziger Sohn hat Johann relativ früh die Gewissheit, eines Tages den Hof seiner Eltern an der Hauptstraße Richtung Wüsting übernehmen zu können. Vorher steht wahrscheinlich irgendwann im Zeitraum von 1895 und 1900 der Wehrdienst an. Ob Johann dabei wie sein künftiger Schwager Georg Barkemeyer heimatnah in Oldenburg stationiert ist oder weiter weg von zu Hause, ist in der Familie ebenfalls nicht mehr bekannt.
Annchen Barkemeyer wiederum arbeitet – sollte sie zwischenzeitlich woanders in Stellung gewesen sein – spätestens von Mai 1902 an wieder auf dem Hof ihrer Eltern Diedrich und Meta Barkemeyer (heute: Irmgard Wachtendorf) mit und pflegt dort ihre schwerkranke Mutter. Als sie im Spätsommer oder Herbst 1902 schwanger wird, muss es mit der Hochzeit dann aber doch etwas schneller gehen als unter diesen Umständen vielleicht normalerweise geplant: Sie findet am 10. März 1903 in Hude statt, anschließend zieht Annchen zu Johann auf den Rüschen-Hof. Dort wird Johann zwei Monate später mit der Geburt von Tochter Martha zum ersten Mal Vater. Die zweite Tochter Johanne kommt im Juli 1904 zur Welt, gefolgt von Hinrich Georg (August 1907) und Frieda (Juli 1912).
Gehört Johann beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 zu den ersten Altmoorhausern, die zu den Waffen gerufen werden oder sich freiwillig melden? Falls ja, erfährt er von der sich im Herbst dieses verhängnisvollen Jahres ankündigenden Geburt seiner vierten Tochter Anni möglicherweise zunächst nur durch einen Feldpostbrief. Dasselbe mag für deren Tod im September 1917 gelten, auch wenn er sie neben Annchen und den anderen vier Kindern sicher immer wieder einmal kurz zu Gesicht bekommt. Seinen angestammten Platz auf dem heimatlichen Hof wieder auf Dauer einzunehmen, ist ihm aber wie so vielen anderen Männern seiner Generation nicht vergönnt: Johann fällt am 16. Oktober 1918, nur sechs Wochen vor dem das Kriegsende besiegelnden Waffenstillstand von Compiègne. Der genaue Ort seines Todes und die Begräbnisstätte sind unbekannt.